Backnang/Friedrichshafen, 17.09.2016

Schwabanien in Flammen - THW übt Auslandseinsatz

Seit Wochen stehen in Schwabanien, einem fiktiven Land im Süden Europas, die Wälder in Flammen. Die Feuerwehren können viele Brände löschen. Die Versorgung mit Löschwasser wird jedoch zunehmend schwieriger, da große Mengen an Wasser über weite Strecken herangeführt werden müssen. Solidarität in der Europäischen Union Deshalb hat Schwabanien die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union über das Gemeinschaftsverfahren im Katastrophenschutz um technische und personelle Unterstützung gebeten.

Dies war die realistische Ausgangslage für eine landesweite Übung der Pumpenteams aus Baden-Württemberg, die am Wochenende rund um Friedrichshafen stattfand. Dabei wurden alle Facetten eines Hilfseinsatzes im Ausland, der im Ernstfall mit An- und Abreise rund zwei Wochen dauert, zeitlich dicht getaktet in nur zwei Tagen trainiert. Der THW-Landesverband Baden-Württemberg stellt ein High Capacity Pumping (HCP) - Modul von bundesweit acht für den Einsatz im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahren für Einsätze bereit.

Für diese spezielle Auslandsverwendung stellt der THW-Ortsverband Backnang aktuell acht besonders ausgebildete Helfer/innen und Austattung (Fahrzeuge, Hochleistungspumpen) zur Verfügung.

Gelassen bleiben - Training für den Ernstfall 

Schon die Einreise und die Zollbestimmungen können zu bürokratischen Hindernissen wachsen und zu Stress bei den Helferinnen und Helfern führen. €žHier gelassen zu reagieren€œ, erläutert Dominika Ogasa vom Einsatzreferat des THW-Landesverbandes Baden-Württemberg, €žist eines unserer Trainingsziele. Ist der durch die lokalen Behörden in Schwabanien zugewiesene Einsatzraum erreicht, sind Zelte und Feldbetten für das Lager der Einsatzteams aufzubauen und Essen und Trinken für die eingesetzten Kräfte sowie Diesel für Fahrzeuge und Geräte zu beschaffen€œ, erklärt die THW Mitarbeiterin die weiteren Schritte der Übung. Damit haben die Führungskräfte und Logistiker alle Hände voll zu tun. Verhandlungen mit €žeinheimischen€œ Grundstückseigentümern und Händlern in englischer Sprache sind zu führen, auch dies sind Herausforderungen für die Einsatzkräfte des THWs im Ausland.

15.000 Liter - Inhalt von 100 Badewannen in einer Minute transportiert 

Sind dann alle Hürden genommen, kann mit dem eigentlichen Auftrag der Pumpenteams begonnen werden. Mit leistungsfähigen, dieselgetriebenen Großpumpen an die riesigen Schläuche angekoppelt sind, gilt es Hunderttausende Liter Wasser über mehrere Hundert Meter zu transportieren, um Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehren zu befüllen. Die leistungsfähigsten Pumpen können dabei den Inhalt von 100 Badewannen in einer Minute bewegen. Damit dies im Rahmen der Übung keine leicht zu lösende Aufgabe wird, sorgten die Übungsleiter aus dem Ortsverband Friedrichshafen: Ortsbeauftragten Matthias Gruber und Truppführer Benjamin Brose mit ihrem Team für die notwendige Atmosphäre. So mussten die Pumpenexperten des THWs aus Holz eine Hilfskonstruktion bauen, damit rund 5000 reale Radler sicher über die dicken Saug- und Druckschläuche fahren konnten. Das benötigte Bauholz musste natürlich rechtzeitig bei einem örtlichen Baustoffhändler in Schwabanien eingekauft werden.

Planung gefordert 

Neben dem richtigen Umgang mit der Pumpenausstattung stellten die Übungsplaner auch die Planungskompetenz auf den Prüfstand. Wäre es möglich, einen nahegelegenen kleinen Weiher vollständig leer zu pumpen? Welche Zeit nimmt das in Anspruch? Wie viele Pumpen können eingesetzt werden? Um auf diese Fragen kompetente Antworten geben zu können, mussten die Technischen Leiter Erkundungen vor Ort durchführen, Wassertiefen schätzen, Berechnungen anstellen und den Umgang mit GPS-Geräten beherrschen.

Mit dem Rückbau der Ausstattung und ersten Rückmeldungen der Übungsbeobachter ging das Trainingswochenende des baden-württembergischen High Capacity Pumping Teams am Sonntagvormittag erfolgreich zu Ende. Die Mitglieder der Auslandseinheit traten die Rückreise an ihre Heimatstandorte an.

Die Organisation dieser Übung oblag dem  THW Ortsverband Friedrichshafen. Weiterhin waren zahlreiche Ortsverbände aus ganz Baden-Württemberg sowie die Johanniter-Unfallhilfe aus Friedrichshafen an dem reibungslosen Ablauf beteiligt.

Hintergrund EU-Gemeinschaftsverfahren 

Der europäische Einigungsprozess findet auch im Bereich des Bevölkerungsschutzes statt. Zentrales Instrument in der Europäischen Union (EU) ist dabei das €žGemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen€œ, kurz EU- Gemeinschaftsverfahren.

Es ist seit dem 1. Januar 2002 in Kraft und soll dazu beitragen, den Einsatz der nationalen Katastrophenschutzdienste innerhalb und außerhalb der EU besser zu koordinieren. Das EU-Gemeinschaftsverfahren basiert auf der engen Zusammenarbeit der nationalen Hilfsorganisationen von 30 Staaten - den 27 Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Lichtenstein und Norwegen. 

Hintergrund HCP (High Capacity Pumping) - Module 

Bei Hochwasser und Überflutungen kommt es auch international auf schnelle Hilfe an. Das THW stellt hierfür im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrens acht High Capacity Pumping Modules (HCP) zur Verfügung.

Zur Kernausrüstung eines HCP-Modules gehören mehrere Hochleistungs-Wasserpumpen mit einer Gesamtleistung von bis zu 25.000 Litern pro Minute. Dabei kann das Wasser über eine Distanz von bis zu 1.000 Metern gepumpt werden. Die HCP-Module sind zwölf Stunden nach Alarmierung einsatzbereit, können auch in schwierigem Gelände arbeiten und sind autark einsetzbar, können sich also selbst versorgen. Neben Einsätzen zur Beseitigung von Überschwemmungen können die HCP-Module auch für den Löschwassertransport eingesetzt werden. Damit die Einsatzkräfte der HCP-Module gut für mögliche Einsätze vorbereitet sind, sind eine intensive Ausbildung und regelmäßige Übungen wichtig. Die HCP-Module des THW waren 2010 in Polen und zuletzt im Sommer 2014 in Serbien und Bosnien-Hercegowina bei Überschwemmungen im Einsatz.



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